Athina Kontou | Bass.
Luise Volkmann | Saxofon.
Lucas Leidinger | Klavier
Dominik Mahnig | Schlagzeug.
Athina Kontou Mother – Tzivaeri
Griechisch geprägter Jazz:
Die Kölner Bassistin Athina Kontou demonstriert auf ihrer Debütplatte eindrucksvoll, wie
willkürlich und überflüssig geografische, kulturelle oder traditionelle Demarkationslinien
sind. Ihre Musik ist eine große Einladung an alle, die einfach ohne Vorbehalt hören und
staunen wollen.
Der Name Athina Kontou steht seit geraumer Zeit für ein tiefes Verständnis der Entfesselungskräfte
von Musik. Bisher war die Bassistin mit dem erdigen Ton in ganz unterschiedlichen Kontexten,
zum Beispiel an der Seite der Saxofonistin Luise Volkmann oder des Pianisten Johannes Bigge zu
hören. Mit ihrem Debüt „Tzivaeri“ setzt die Deutschgriechin nun eigene Akzente und präsentiert ein
Album mit Bearbeitungen von Stücken aus der griechischen Musikkultur.
Der Titelsong des Albums ist ein sehr bekanntes Volkslied vom Dodekanes, in dem es, wie in so
vielen traditionellen griechischen Liedern, um Auswanderung geht – Ein Thema das die neuere
griechische Geschichte durchdringt. Es ist das Trauerlied einer Mutter, die ihr Kind vermisst. Die
Mutter spricht in ihrem Gesang zu ihrem Kind, das sie selbst in die Emigration schicken musste,
damit es
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Athina Kontou | Bass.
Luise Volkmann | Saxofon.
Lucas Leidinger | Klavier
Dominik Mahnig | Schlagzeug.
Athina Kontou Mother – Tzivaeri
Griechisch geprägter Jazz:
Die Kölner Bassistin Athina Kontou demonstriert auf ihrer Debütplatte eindrucksvoll, wie
willkürlich und überflüssig geografische, kulturelle oder traditionelle Demarkationslinien
sind. Ihre Musik ist eine große Einladung an alle, die einfach ohne Vorbehalt hören und
staunen wollen.
Der Name Athina Kontou steht seit geraumer Zeit für ein tiefes Verständnis der Entfesselungskräfte
von Musik. Bisher war die Bassistin mit dem erdigen Ton in ganz unterschiedlichen Kontexten,
zum Beispiel an der Seite der Saxofonistin Luise Volkmann oder des Pianisten Johannes Bigge zu
hören. Mit ihrem Debüt „Tzivaeri“ setzt die Deutschgriechin nun eigene Akzente und präsentiert ein
Album mit Bearbeitungen von Stücken aus der griechischen Musikkultur.
Der Titelsong des Albums ist ein sehr bekanntes Volkslied vom Dodekanes, in dem es, wie in so
vielen traditionellen griechischen Liedern, um Auswanderung geht – Ein Thema das die neuere
griechische Geschichte durchdringt. Es ist das Trauerlied einer Mutter, die ihr Kind vermisst. Die
Mutter spricht in ihrem Gesang zu ihrem Kind, das sie selbst in die Emigration schicken musste,
damit es ein besseres Leben führen kann. „Tzivaeri mou“ bedeutet in der von vielen Kulturen
geprägten lokalen griechischen Sprache „mein Schatz“.
Es ist Athina Kontou ein wichtiges persönliches Anliegen, ihre Erfahrungen als improvisierende
Musikerin in einem von Jazz geprägten Umfeld mit den Wurzeln ihres griechischen Hintergrunds
zu verbinden. Griechisch geprägter Jazz kommt hierzulande viel seltener an als beispielsweise
Fusionen von Jazz mit lateinamerikanischer und arabischer Musik oder Balkanklängen. Umso
größere Spielräume hat die in Köln lebende Bassistin, für ihr Album individuelle Scharniere zu
finden, die sich gängigen Formeln entziehen. Zwar mögen Jazz und griechische Musik auf den
ersten Blick recht weit auseinander liegen, doch Athina Kontou ist in beide Traditionen organisch
hineingewachsen. „Improvisation ist ein wichtiger Bestandteil traditioneller griechischer Musik“,
erzählt sie. „Das gilt sowohl für urbane Musik wie das Rebetiko als auch für Volkslieder und -tänze.
Vor allem in langen Intros vom Bouzouki oder der Klarinette. Das Intro von ‚Harmandali’ auf der
Platte ist beispielsweise ganz traditionell gespielt.
Um sich auf „Tzivaeri“ vorzubereiten, hat sich Athina Kontou auf eine lange Reise begeben. Die
Auseinandersetzung mit ihren familiären Wurzeln erfolgte nicht nur auf künstlerischem Level,
sondern ging vor allem auch mit einer sehr persönlichen Hinterfragung ihrer Identität einher. Durch
diesen Prozess gewann sie die Souveränität, die den originären Zugangswinkel für die künstlerische
Auseinandersetzung ermöglichte. Aus der Sicherheit der eigenen Selbstfindung heraus verlieh sie
dem Projekt „Mother“ immer deutlichere Konturen. Jede Antwort ergab eine neue Frage. Der
Prozess dauert bis heute an.
Eine notwendige Voraussetzung für die Umsetzung ihrer Ideen waren musikalische
WegbegleiterInnen mit der Bereitschaft, sich vorbehaltlos auf besagten Weg einzulassen und mit
dieser Art von Musik auseinanderzusetzen. Athina Kontous Erzähllust war viel zu groß, als dass es
gereicht hätte, ihren Kompagnons Noten hinzulegen, die diese einfach gespielt hätten. Stattdessen
setzte sie eine intensive Beschäftigung mit dem Material und dessen Hintergrund voraus. Diese
Intensität übersetzt sich auf „Tzivaeri“ unmittelbar in ein kollektives Klangerlebnis, das beim Hören
überhaupt keiner Erklärung mehr bedarf. Die ergreifende emotionale und formale Schönheit der
Songs spricht für sich.
Die Basisformation des Albums ist das Jazz-Quartett „Mother“ mit ihrer langjährigen musikalischen
Partnerin Luise Volkmann an Sopran- und Altsaxofon, dem Pianisten Lucas Leidinger und
Drummer Dominik Mahnig. Der Bass durchdringt dauerhaft die Erdkruste, das Saxofon enteilt in
die Stratosphäre, Klavier und Schlagzeug halten Himmel und Erde zusammen. So werden die
Melodien physisch greifbar, transformieren sich in Bewegungen, Imaginationen und Erinnerungen.
Die Bildhaftigkeit der Interpretationen ist in jedem Song erneut so verblüffend, dass man sie sich
am liebsten als Postkarten an die Wand heften will. In einigen Stücken kommen als Gäste der Oudund
Bouzouki-Spieler Epaminondas Ladas sowie Koray Berat Sari auf der Lavta hinzu.
„Die griechische Musik kommt nicht ohne Saiteninstrumente aus. Ich verspürte den Wunsch, mit
einem Jazzquartett zu spielen. Das Sopransaxofon erschien mir als ideale Brücke zwischen der
Klarinette, die oft in der traditionellen Musik vorkommt, und dem Signatur-Sound des Jazz. Die
minimale Präparierung des Flügels ist eine Art Reminiszenz an die typischen Saitenklänge der
griechischen Musik. Mit den beiden Gästen auf den Saiteninstrumenten verschmelzen wir aber zu
einer festen Einheit ohne Brüche.“
Bei aller Auseinandersetzung mit ihren Wurzeln war die Arbeit an „Tzivaeri“ für Athina Kontou
auch eine Entdeckungsreise. Die Songs des Albums sind ausnahmslos Bestandteile der griechischen
Musikkultur. Einige sind traditionelle Songs, andere sind populäre Lieder zeitgenössischer
Komponisten, unter anderem von Nikos Xydakis. Bei der näheren Beschäftigung mit dem Quellen
stellte die Bassistin aber fest, dass einige Songs armenische oder türkische Wurzeln haben. „Das
Repertoire waren zuerst vor allem Lieder, die mir etwas bedeuten, die mich seit meiner Kindheit
begleiten. Bei meiner Recherche stellte ich dann aber fest, dass zum Beispiel armenische
Volkslieder dabei sind, die sich aufgrund von Interpretationen mit griechischem Text in
Griechenland großer Beliebtheit erfreuen. Und der türkische Tanz ‚Harmandali’ wird ebenfalls in
Griechenland gespielt.“
Die Songs auf „Tzivaeri“ entfalten nicht nur eine einnehmende und überwältigende Wirkung, die
die Eindeutigkeit des Raumes und die Unumkehrbarkeit der Zeit aufzuheben scheinen. Athina
Kontou demonstriert auf ihrer Debütplatte eindrucksvoll, wie willkürlich und überflüssig
geografische, kulturelle oder traditionelle Demarkationslinien sind. Ihre Musik ist eine große
Einladung an alle, die einfach ohne Vorbehalt hören und staunen wollen.
zweites Set:
Matthieu Mazué Quartet
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