Die Vielfalt des Schönen steigern
Mit der Gewinnerin des Kulturpreises Vorarlberg 2024 in der Kategorie Zeichnung widmet sich die Galerie.Z nach Ausflügen in Kunstgattungen wie etwa der Malerei wieder dem Kern ihres Konzeptes. Dass die Galeristin Andrea Romagna-Miessgang dafür Michaela Kessler ausgewählt hat, darf als sehr gelungener Coup erachtet werden. Denn die Absolventin der Kunstuniversität Linz hat sich vollkommen der Zeichnung verschrieben. Ihre Soloschau mit dem Titel „Undinge“ lässt keinerlei Zweifel daran aufkommen.
Grenzen der Körperlichkeit
Parallel zu Fashion und Technology hat die gebürtige Hohenemserin Bildende Kunst bei Ursula Hübner in Linz studiert, wo sie wie auch in Dornbirn lebt und arbeitet. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie hierzulande bekannt, als sie mit ihren „Fleshy Artfacts“ den Vorraum des Theater Kosmos in Bregenz bespielte. Dabei handelt es sich um großformatige Arbeiten auf Papier, die organisch wirkende Gebilde und körperähnliche Formen darstellen. Vergleichbar mit den „Undingen“, die Michaela Kessler aktuell in Hard zeigt.
Ihr zentrales Anliegen, die Grenzen der Körperlichkeit zu erkunden, ist bei allen Bildern eindeutig abzulesen. Sind anfangs reale Körperstrukturen erkennbar, ufern sie in Folge zu prallen
...
show more
Die Vielfalt des Schönen steigern
Mit der Gewinnerin des Kulturpreises Vorarlberg 2024 in der Kategorie Zeichnung widmet sich die Galerie.Z nach Ausflügen in Kunstgattungen wie etwa der Malerei wieder dem Kern ihres Konzeptes. Dass die Galeristin Andrea Romagna-Miessgang dafür Michaela Kessler ausgewählt hat, darf als sehr gelungener Coup erachtet werden. Denn die Absolventin der Kunstuniversität Linz hat sich vollkommen der Zeichnung verschrieben. Ihre Soloschau mit dem Titel „Undinge“ lässt keinerlei Zweifel daran aufkommen.
Grenzen der Körperlichkeit
Parallel zu Fashion und Technology hat die gebürtige Hohenemserin Bildende Kunst bei Ursula Hübner in Linz studiert, wo sie wie auch in Dornbirn lebt und arbeitet. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie hierzulande bekannt, als sie mit ihren „Fleshy Artfacts“ den Vorraum des Theater Kosmos in Bregenz bespielte. Dabei handelt es sich um großformatige Arbeiten auf Papier, die organisch wirkende Gebilde und körperähnliche Formen darstellen. Vergleichbar mit den „Undingen“, die Michaela Kessler aktuell in Hard zeigt.
Ihr zentrales Anliegen, die Grenzen der Körperlichkeit zu erkunden, ist bei allen Bildern eindeutig abzulesen. Sind anfangs reale Körperstrukturen erkennbar, ufern sie in Folge zu prallen Fortsätzen aus, schwellen zu Ausstülpungen an, winden sich in sehnigen Strängen und dehnen sich in alle Richtungen aus. Eine anatomischen Gesetzmäßigkeiten widersprechende Proportionalität vermittelt zusätzlich den Eindruck, dass sich die Formen verselbstständigt haben.
Was ist schon ein Körper?
Dem stimmt die Künstlerin zu, indem sie ihre Arbeit als kontinuierlich wachsenden Prozess beschreibt. Wie beim absichtslosen Kritzeln während eines Telefonats benützt sie den Kugelschreiber, mit dem sie sämtliche Bilder ausführt, für die Impulsaufnahme. Anschließend beginnen die Körper intuitiv durch die Kugelschreiberstriche, mal sehr dicht dann wieder loser aufgetragen, sich zu entwickeln. Ausgehend vom Fühlen, Spüren, Schmecken und Riechen des eigenen Körpers entsteht schließlich der visuelle Ausdruck. „Ihr formt euch sowieso selbst“, stellt die Künstlerin lakonisch dazu fest und fügt sogleich ergänzend hinzu, dass es an ihr liegt, den Körpern eine Form zu geben, weil es sie ja noch gar nicht gibt.
Als Ausgangspunkt für ihre Zeichnungen wählt sie regelmäßig Körper- und Intimitätsfragen und damit verbundene gesellschaftliche oder künstlich konstruierte Rollenbilder. Starren Zuschreibungen, mit denen häufig Weiblichkeit charakterisiert wird, kontert sie mit ihren utopischen, noch nicht existierenden Körpern. Mit Maria Lassnig verbindet sie nicht nur das Arbeiten auf dem Boden sondern auch die Auseinandersetzung mit stereotypen Geschlechterrollen. In ihrer Kritik sieht sie eine Chance, Blickwinkel zu verändern, die Vielfalt des „Schönen“ zu steigern oder angeblich vorgegebene „Sollzustände“ auseinanderzupflücken, wie sie es nennt.
Michaela Kesslers „Undinge“ spotten jeglicher Funktion, widersetzen sich gängigen Vorstellungen, konterkarieren aktuelle Schönheitsideale und ziehen dennoch alle Augen auf sich. Völlig zurecht!
show less